DIE PRIVATSEKRETÄRIN

Feminists Insha’allah - La Révolution des Femmes | Feriel Ben Mahmoud | 2015

Die Weimarer Republik ist eine zweite Sattelzeit der Moderne, insbesondere mit Blick auf die weibliche Emanzipation. Ein neuer Frauentypus entwickelt sich, der sich sowohl gesellschaftlich als auch kulturell von dem der Vorkriegs- und Kaiserzeit unterscheidet. In der Mode- und Unterhaltungsindustrie spielt die ‚Neue Frau‘ als Akteurin und Konsumentin eine entscheidende Rolle, und auch Literatur und Film thematisieren diesen neuen Typus – in Romanen von Vicki Baum, Irmgard Keun oder Marieluise Fleißer zweifelsohne kritischer und reflektierter als die viel gesehenen Filme über weibliche Angestellte. Dennoch sind auch sie Teil der gesellschaftlichen Entwicklung der 20er Jahre, zumal viele Zeitgenossen in der Verweiblichung des Angestelltenberufs – sicher nicht zu Unrecht – den Beginn der Selbstbestimmung von Frauen sahen. Kein zweiter Frauentypus erfuhr in dieser Zeit eine derart große Aufmerksamkeit, sie waren Prototypen weiblicher Emanzipation, selbstbewusst, materiell unabhängig, sportlich in Habitus, Outfit und Auftreten und modisch am ‚Puls der Zeit‘. Sind sie die Protagonistinnen der Stumm- und der neuen Tonfilme, so sind diese Publikumsmagnaten und Kassenschlager, auch Die Privatsekretärin von 1931 des Erfolgsregisseurs Wilhelm Thiele, entstanden in Zusammenarbeit mit dem bekannten Drehbuchautor Franz Schulz, mit der Schauspielerin Renate Müller in der Hauptrolle zudem prominent besetzt.

Der Film ist auf keinen Fall frei von verklärender Verortung des Schicksals einer weiblichen Angestellten in die Erfolgsmuster der Unterhaltungs- und Trivialliteratur des 19. Jahrhunderts, wenn am Ende Sekretärin und Chef zueinanderfinden, die Heirat sodann den sozialen Aufstieg der Protagonistin garantiert. Gleichwohl gibt er die Möglichkeit, die von männlichen Kulturkritikern der 20er Jahre betriebene Degradierung der jungen Frauen als „kleine Ladenmädchen“, „Tippmamsells“, „Warenhausmädchen“ oder „kleine Stenotypistinnen“ zu überdenken und in einem anderen Licht zu diskutieren. Dies zumal er ein gelungenes Zusammenspiel von gekonnter Regiearbeit, beeindruckender Schauspielkunst und mitreißender Schlagermusik darstellt.

In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Seminar der Universität Freiburg.

Filmisches Begleitprogramm zum Seminar ‚Literatur und Emanzipation: Die „Neue Frau“ der 20er Jahre‘

Regie
Wilhelm Thiele

Land, Jahr | Fassung | Länge

Deutschland 1931 | OV | 100 Min.

Mit
Renate Müller, Hermann Thimig, Felix Bressart u.a.

Genre
Spielfilm

Wann
Di 12.07., 19:30

Wo
Kinosaal
Kommunales Kino Freiburg
Urachstraße 40
79102 Freiburg

Eintritt
8,00 € (normal) / 7,00 € (5er Karte) / 5,00 € (ermäßigt)